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Thermenregion gegen den Rest der Welt hieß es am 21. April 2016 bei der Pinot Noir-Tafelrunde im Ordenskeller in Wien 16. Wegen der extrem vielen Anmeldungen wurde die Tafelrunde diesmal geteilt, in zwei 12er Tische. Pinot Noir 2x12 sozusagen. Das ergab zwar etwas mehr Wein im großen Burgunderglas, allerdings konnte jede Runde nur die Hälfte der mitgebrachten Weine verkosten. Was bei manchem Tropfen der Kreuzung aus Schwarzriesling und Traminer wirklich schade war.

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Man sagt ja dem Pinot Noir nach, dass er die Diva unter den Weinen sei. Nach dieser Verkostung kann diese Ansicht nur bestätigt werden. Offensichtlich braucht es für diese schwierige Rebsorte, die in Österreich gerade einmal auf 649ha und damit lediglich auf 1,4 Prozent der Anbaufläche ausgepflanzt ist, eine Portion Tradition, Achtung, Behutsamkeit und Fingerspitzengefühl, gepaart mit Wissen, Überzeugung und vielleicht auch etwas Sturheit, um den Pinot Noir dorthin zu bringen, wo er wirklich einzigartig wird. Einzigartig, was Dichte bei gleichzeitiger Eleganz und Komplexität betrifft. Und wo sich der Winzer mit all seinem Können und Wissen in Szene setzen kann. Jeweils zwölf Weine standen zur Wahl, davon etwa ein Drittel aus der Thermenregion, der Rest hat sich von Frankreich über die Schweiz, Liechtenstein, Südtirol, Deutschland und die restlichen Gebiete in Österreich aufgeteilt. (siehe auch "Wein zum Lesen" im Mitgliederbereich!)

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Aus der Verkostungsgruppe A seien einige Weine kommentiert:

Eine Enttäuschung war der Jahrgang 2000 von Josef Piriwe aus Traiskirchen, Thermenregion; der war eindeutig hinüber, breit-marmeladig, alkoholisch trotz 13%, mit deutlicher Süße am Gaumen. Allerdings deutete der lange Abgang darauf hin, dass der Wein zehn Jahre früher wahrscheinlich ein Hochgenuss war. Ein klares Highlight hingegen war die 2012er Pinot Noir Reserve vom Auer aus Tattendorf. Ein schöner Wein, 13 Volumsprozent, komplex, mit einem Hauch Schoko, zart, dennoch speckig-mollig, erste Reife bei schöner mittlerer Länge. Ein durchaus würdiger Vertreter aus der Thermenregion.

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Dann der 2006er von Prieler in Schützen: ein edel-feiner Wein mit 13,5%, mit zarten Vanilletönen, sehr harmonisch, sehr schön in der Nase, feine Früchte; ein Genuß! Äußerst positiv überrascht hat die 2000er Reserve vom Altmeister Leth aus Fels am Wagram, ebenfalls mit 13,5%. Ein leichtes, aber typisches Stinkerl, ein prägnanter, dabei aber trotzdem harmonisch feiner Wein. Ein Sortenvertreter, wie er in Österreich mit diesem Alter schon eine Ausnahme darstellt!

Und dann der eindeutige Höhepunkt dieser Runde, der 1986er Grand Cru ‚Clos de Corton‘ von Domaine Faiveley, Frankreich. So einen Wein verkosten zu dürfen ist wahrlich ein Höhepunkt! 30 Jahre, noch immer keine Spur von Alter, extrem harmonisch-fein und schön, ein Bilderbuchwein und eine eindeutlige Messlatte für diese Sorte! Jede weitere Beschreibung über das Aromenspektrum des Weins wäre vermessen, da alles darin zu finden ist. Aber mit einer Harmonie, wie sie nur diese Sorte hervorbringen kann...

Ziemlich unterschiedlich auch die Eindrücke in der Verkostungsgruppe B:

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Auch hier zeigte sich die Pinot Noir Cuvée Reserve 2013 vom Schlossweingut Esterhazy mit 13% sehr beit und marmeladig, mit wenig Frucht dafür viel gefühlter Säure und im Abgang ziemlich flach. Ein Großteil der verkosteten Weine bot schöne Aromen, zeigte zarte Strukturen und ein schönes Frucht-Säurespiel, ohne jedoch wirklich zu begeistern. Was wohl auch daran lag, dass dies nicht die absoluten Top-Weine, sondern bestensfalls der Zweitwein der Top-Burgundermacher war. Was bei Preisen um die 20 Euro verständlich ist, denn für wirklich gute Pinot Noirs muss man schon das 3-4fache hinblättern.

Umso erstaunlicher daher der Spätburgunder 2013 aus dem Staatsweingut Freiburg aus dem deutschen Baden. Ein Wein mit 13,5% aus der VDP 1. Lage um lediglich € 18,-, zeigte sich in dunkles Rubinrot, mit schönen Duftnoten nach scharzen Ribiseln und Kräutern, am Gaumen rund und schön strukturiert. Ebenso die Pinot Noir Reserve 2010 vom Weingut Uibel aus Ziersdorf. 13,5%, € 22,-, war dieser Wein 16 Monate im Barrique, was ihm ein zartes Tanningerüst verleiht. Am Gaumen seidig, mild, mit zarter Sauerkirschfrucht und wirklich schönem Abgang.

Ein absolutes Highlight war hingegen der Pinot Noir Grillenhügel 2013 vom Weingut Reinisch aus Tattendorf. Ebenfalls 16 Monate im Holzfass, 13,5%, zeigte er sich als einziger der in dieser Gruppe verkosteten Weine mit kräftigen Tanninen, einem vollen Körper, mit Himbeer- und Kirscharomen. Ein Wein mit Charakter, guter Struktur, der nicht nur wegen seines langen Abgangs haften blieb. Und das um € 18,-

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Überzeugend wie eigentlich immer auch Urbanus-Newcomer Award-Sieger Josef Gisperg aus Teesdorf mit seiner Pinot Noir Reserve 2010, die sich durch volle Frucht und langen Abgang auszeichnete. Kräftig und vollmundig bei schönem Säurespiel zeigte sich auch die Riserva Trattmann 2009 von der südtiroler Kellereigenossenschaft Girlan. Mit 14,5% auch alkoholisch eher auf der kräftigeren Seite. 

Und dann noch zwei absolute Raritäten: aus der Schweiz vom Spitzenweingut Gantenbein der Pinot Noir Gantenbein 2008. 13,5%, üppig, füllig, wuchtig und lang. Ein Genuss um € 60,-. Aus dem benachbarten Lichtenstein, wo Wein seit der Römerzeit aber insgesamt lediglich auf 14ha angebaut wird (Österreich 45.533ha), gab es dann eine Blauburgunder Reserve Barrique Malanser aus dem Jahr 1995. Das Weingut und die Winzerstube "Zum Ochsen" sind seit mehr als 100 Jahren im Besitz der Familie Donatsch, die sich vor allem beim Pinot Noir einen Namen weit über Malans hinaus gemacht haben. So hat Martin Donatsch 2010 am Mondial du Pinot Noir den «Prix Champion du Monde des producteurs de Pinot Noir» gewonnen. Im Folgejahr 2011 konnte er diesen bedeutenden Titel als «Pinot Noir-Weltmeister» sogar verteidigen! Der verkostete 95er zeigte sich trotz seines Alters extrem harmonisch, immer noch mit feinem Säurespiel, schlankem Körper und betörendem Aroma. Ein echtes Gaumenerlebnis.

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Kulinarisch wurden wir wieder von Junker Karl Schaffelner bestens versorgt. Die Bio-Bärlauchsuppe mit Weinbergschnecken war einfach köstlich, das Coq au Vin in - passend zum Abend - Pinot Noir-Sauce ein Gedicht und die Apfel/Rhabarber-Tarte ein krönender Abschluss.

Die vinophile Zusammenfassung dieser Tafelrunde: Eine Diva wie der Pinot Noir kann durchaus eine angenehme und schöne Erfahrung sein!

Text: Engelbert Kitzler, Christian Stöger
Fotos: Christian Stöger

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