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Es war ein Blick hinter die Kulissen des Wiener Wurstelpraters, den 22 Teilnehmer des St. Urbanus Weinritter Ordenskapitels auf Einladung des Konventikels Wiener Weinberge am Freitag, den 9. Juni 2017, machen konnten. Bestens geführt und instruiert von den beiden Guides - Wolfgang Horak und Alfred Brunsteiner – gab es nicht nur historisches, sondern auch jede Menge Spaß und zum Schluss noch ein kühles Budweiser in der Luftburg.

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Die Wurzeln des Wiener Praters reichen bis in das 12.Jahrhundert zurück. Es war Herzog Friedrich I. von Österreich, der 1194 einige Wiesen der Auen dem Adelsgeschlecht de Prato schenkte. Der Name dieser Familie änderte sich im Laufe der Zeit auf „Prater von Wiesen“. Zur damaligen Zeit war diese Gegend Eigentum des jeweiligen Landesfürsten, im dreizehnten Jahrhundert erhielten das Stift Klosterneuburg sowie die Stadt Wien und einige geistliche Institute einen Teil davon. Aber 1564 löste Kaiser Maximilian II., der Erbauer des Jagdschlösschen Schönbrunn, einige Teile des Praters ein, nahm andere in Pacht und ließ den ganzen Bezirk mit Zäunen und Planken abschließen - so entstand der kaiserliche Forst zum Jagdvergnügen des Herrschers.

Erst mehr als 200 Jahre später, 1766, öffnete Kaiser Joseph II. die Au für einen allgemeinen Belustigungsort und gestattete während der Sommermonate jedermann, den Spaziergang bis zum Sonnenuntergang. Erst mit einbrechender Nacht wurde das Einlassgitter geschlossen und die Sperre mit drei Böllerschüssen dem Publikum verkündet. Im Laufe der Zeit ließ Joseph II. aber dann das Gitter niederreißen und der Prater war somit zu jeder Tages- und Jahreszeit zugänglich. Gleich nach dieser allgemeinen Eröffnung war die schöne Kastanienallee im Hauptteile der Sammelplatz der besseren Gesellschaft geworden. Es wurden Kaffeehäuser und später ein Panorama errichtet und einige Jahre danach der weltberühmte Zirkus Bach eröffnet.

Im Jahre 1814 war der Prater Schauplatz der glänzendsten Festlichkeiten des Wiener Kongresses.

Gründung des Wiener Wurstelpraters

Der Wurstelprater wurde vom Taffern-Micherl gegründet. Zu Anfang des siebzehnten Jahrhunderts befand sich am Stubentor die sogenannte "Stadt Tafferne" (= Weinschenke), und zwar in dem heutigen Haus der Wollzeile 17. In dieser war ein absonderlich klein und verkrümmt gewachsenes, etwa zwanzigjähriges Bürschchen namens Michael Ainöther als Schankjunge (heute: Kellner) bedienstet. Der hatte die Idee, im Prater eine Schenke zu eröffnen. Zu jener Zeit gab es in Wien keine öffentlichen Vergnügungsorte, aber die Wiener gingen gern in den Praterauen spazieren, da die herrlichen Wiesen sehr einladend waren. 

Michael Ainöther suchte beim Magistrat um die Bewilligung an, erhielt diese, und bereits am 1. Mai 1603 eröffnete er sein Lokal im Prater. Der Erfolg war sensationell, und schon im Sommer desselben Jahres musste das Lokal vergrößert werden. Es wurde eine Kegelbahn angelegt, und bereits kurz danach verwandelte sich die hölzerne Hütte in ein hübsches steinernes Haus. Anfangs bekam man nur Bier und Wein geringer Sorte, dazu Zervelatwürste und Käse; da aber bald die bedeutendsten Bürgerfamilien Wiens dort abends und an Feiertagen Erholung suchten, wurden bald auch feinere Getränke und Speisen serviert. Michael wurde reich und betrieb seine einträgliche Wirtschaft bis zu seinem, im 71. Lebensjahr erfolgten, Tod.

Nach seinem Tod wurde das Praterwirtshaus verkauft, und es fanden sich eine Reihe andere Unternehmer, die zu den Kegelbahnen und Marionetten, die Michael bereits eingeführt hatte, noch Schaukeln und andere Belustigungen hinzufügten. Zur Unterhaltung der Kinder wurden in einfachen Holzbuden etliche Puppentheater errichtet, an denen der lustige Hanswurst eine Hauptrolle spielte. Daher auch der Name "Wurstelprater". Im Laufe der Zeit hatte sich der Prater also zu einem beliebten Ausflugs- und Vergnügungsgebiet entwickelt.

Die Weltausstellung 1873 brachte dem grünen Prater einen großen Substanzverlust, da immer mehr Bauten errichtet wurden. Rund 2,3 Millionen m2 mit einem 84 Meter hohen Kuppelbau im Zentrum, der so genannten Rotunde, wurden anlässlich der Weltausstellung verbaut. Im Jahre 1895 entstand unter Gabor Steiner das Vergnügungsareal „Venedig in Wien“. Auf knapp 50.000 m2 wurden Straßenzüge und Häuser Venedigs nachgebaut – alle im Stile des heutigen Cafe Dogenhof in der Praterstraße -  und knapp 8.000 m2 Wasserfläche angelegt, auf denen Gondeln fuhren. Im Jahre 1911 gab es sogar einen Raddampfer. "Venedig in Wien" war somit der erste Themenpark der Welt. Ende 1910 wurde aufgrund von Überschuldung und finanziellem Chaos die Stätte eingeebnet. 1897 wurde, auf Anregung von Ing. Walter B. Basset und mit Hilfe des einflussreichen Praterunternehmers Gabor Steiner, das Wiener Riesenrad anlässlich des 50. Thronjubiläums Kaiser Franz Josefs I. errichtet. Dieses umfasste ursprünglich 30 Waggons und ist bis heute das älteste funktionierende Rad dieser Art. Allerdings sind nur noch 15 Waggons montiert.

Der Großteil des Wiener Praters fiel im Jahre 1945 einem Brand zum Opfer und wurde danach größtenteils durch Privatinitiativen wieder aufgebaut. Heute präsentiert sich der Wiener Wurstelprater als einzigartiger Vergnügungspark mit traditionellen Vergnügungs-, Ausstellungs- und Freizeiteinrichtungen - und einige davon konnten die Urbanus-Mitglieder auch gleich ausprobieren. Doch zuvor ging es zur

Liliputbahn

In der Remise und in der Werkstatt erklärte Betriebsleiter Durstmüller, dass bis heute die Lokomotiven und Waggons selbst repariert werden. Studenten der TU Wien können hier ihr Praktikum machen, ebenso die Ausbildung zum Lokomotivführer. Wie beim normalspurigen Vorbild kommen die Anfänge der Liliput-Bahnen aus England. Daher auch die für uns etwas ungewöhnliche Spurweite von 381mm. Beim, auf der Insel gültigen, nichtmetrischen Längenmaß sind es genau 15 Zoll. Reiche Gutsbesitzer haben gegen 1880 ihre weitläufigen Ländereien mit Eisenbahnen dieser Größenordnung erschlossen. Am Festland baute die Firma Krauss & Co in München 1887 die erste "Liliput"-Lokomotive für den Sultan von Marokko. Eine extrem einfache und leichte Maschine mit ca. 5PS und knapp über einer Tonne Gesamtgewicht. Ein großes Sängerfest, anlässlich des 100. Todestags von Franz Schubert im Wiener Prater, war der ausschlaggebende Grund, eine Vergnügungsbahn zu errichten. Die Firma Brangsch bekam den Auftrag. Am 1. Mai 1928 durften die ersten Fahrgäste die ca. zwei Kilometer lange Strecke bis zur damals noch existierenden Rotunde (1937 abgebrannt) benützen.

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Das Publikumsinteresse entsprach anfangs aber nicht den Erwartungen. Durch die Wirtschaftskrise in den darauffolgenden Jahren wurde die eigentlich für den Prater vorgesehene dritte Lok für andere Ausstellungen verwendet. Durch die Verlängerung bis zum Stadion 1933 erhoffte man sich, die Frequenz zu erhöhen, aber erst 1938 wurde das Interesse an der Liliputbahn größer. Eine dritte Lokomotive wurde danach bestellt und 1942 in den Dienst gestellt. Die Dampflokomotiven werden mit einer speziellen walisischen Kohle befeuert. Diese ist zwar teurer (300,-- pro Tonne), der Verbrauch ist aber um 1/3 weniger als bei der polnischen Kohle (200,-- pro Tonne). Außerdem ist das Qualmen bei der Verwendung der walisischen Kohle praktisch nicht mehr vorhanden. Es bildet sich bei Verwendung der walisischen Kohle keine Schlacke, so dass man sich entschlossen hat, diese zu verwenden.  

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Danach ging's mit der Liliputbahn eine Station - bis zur 

Alt Wiener Hochschaubahn

Der Besitzer und ehem. Praterpräsident KommR. Ing. Hubert Pichler empfing uns persönlich und führte uns in den „Untergrund“ der Anlage. Die Hochschaubahn wurde im Sinne der alten Hochschaubahn, die ursprünglich neben dem Riesenrad stand und durch einen elektrischen Defekt im Jahre 1944 abgebrannt war, auf dem heutigen Standplatz gebaut. Im Volksmund wird sie auch „Zwergerlbahn“ genannt und ist in den Jahren 1948-1950 mit einem Investitionsvolumen von damals rund 2,5 Millionen Schilling (182.000 Euro) erbaut und schließlich im Februar 1950 in Betrieb genommen worden. Die Bahn ist rund 450 Meter lang und besteht aus einem Holzfachbauwerk. Heute existieren weltweit nur noch fünf Hochschaubahnen in dieser Bauweise. Das aufgebaute Gebirge wurde den österreichischen Alpen, speziell der Landschaft um den Großglockner, nachempfunden und ist ca. 15 Meter hoch. Ursprünglich war die Bahn nicht hoch genug gebaut und wurde nachträglich aufgedoppelt. Als Familienunternehmen geführt, wird hier mit großem Aufwand der Originalzustand erhalten. Die jährlichen Renovierungsarbeiten werden vom eigenen Personal (7 Arbeiter), das über breites KnowHow verfügt, durchgeführt. Diese Renovierungsarbeiten dauern ca. 4 Monate im Jahr und werden in der Saisonpause durchgeführt. Allein für das Holz müssen rund 10.000 Euro aufgebracht werden und die jährlichen Investitionen für die Erhaltung der Bahn belaufen sich auf ca. 100.000 Euro.

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Ein Motor, der 800 Kettenglieder antreibt, bringt den Zug in das Bergmassiv. Danach fährt die Garnitur mit eigenem Schwung. Der Motor ist ein echtes Original und wird gepflegt wie ein Baby - bei gleicher Leistung wäre er heute so groß wie eine Autobatterie. Auch die Kette ist ein echtes Original und bereits rund 55 Jahre alt. Der Ölverbrauch, um die Kette zu schmieren, beläuft sich auf ca. 100 Liter pro Jahr. Die Kosten für das Zahnrad bewegen sich in der Höhe des Anschaffungswertes eines Kleinwagens. Mit dieser Kette werden die Garnituren mit einem Haken auf den Berg gezogen. Dort klingt sich der Haken aus und die Bahn fährt den Rest mit eigenem Schwung. Die nachempfundene Stadt Heiligenblut mit ihrer Kirche, die in die Anlage mit eingebaut wurde, ist nicht zu übersehen. Zum Schmunzeln: Der Bürgermeister von Heiligenblut heißt, so wie der Hochschaubahnbesitzer: Pichler. Weiter ging's zum -

Toboggan

Auch hier begrüßte uns der Besitzer persönlich: Sammy Konkolits. Ursprünglich 1913 als „Teufels Rutsch“ eröffnet, brannte die Holzkonstruktion im Zweiter Weltkrieg aber völlig ab. 1947 wurde die Rutsche wieder aufgebaut, steht heute unter Denkmalschutz und wurde originalgetreu renoviert. Nach der Schließung aus Sicherheitsgründen im Jahr 2000 erstrahlt die weltweit älteste Holzrutsche heute mit dem 25 m hohen Turm und der 100 m langen Rutschbahn wieder in neuem Glanz. Dafür war ein Budget von 350.000 Euro erforderlich, wovon 1/3 die Stadt Wien übernommen hat. Praterbesucher können seit dem 15. März 2009 den neuen Toboggan ausprobieren. Einen Bonus gibt es dabei für all jene, die kleiner als der Besitzer Sammy Konkolits  (1,70 m) sind. Die zahlen statt drei Euro nur 2,50 Euro.

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Das Marina Karussel

wurde 1903 in Hamburg gebaut. Wir konnten sehr gut den Einfluß der Fliehkraft spüren - bei der Fahrt in beide Fahrtrichtungen (vor und zurück). Temposteigerungen und das 11 Runden pro Minute sind nichts für schwacher Mägen. Ursprünglich als mobiles Nostalgiekarussel eingesetzt, ist es seit Ende des Zweiten Weltkrieges und Wiederaufbau des Praters an dieser Stelle. Einst war das das weltgrößte Kettenkarussell, mittlerweile steht das Größte allerdings in Peking.

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Abschluss in der Luftburg

Hier wurden wir vom gewerberechtlichen Geschäftsführer Alexander Brunner begrüßt - und ab ging's in den Keller der Luftburg. Hier beeindruckten die Zapfanlagen, die wir in der Bier-Kühlzelle bei 4 Grad begutachten - mit einem Krügerl Budweiser in der Hand. Seit 40 Jahren gibt es die "Luftburg" - und ist neben dem benachbarten "Schweizerhaus" mit 300 Plätzen innen und 1.200 außen eine der beliebtesten kulinarischen Stationen des Wiener Praters.

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Bei Stelzen und Bier und vielen angeregten Gesprächen klang der Nachmittag und der Besuch im Wiener Wurstelprater aus, der viele neue Eindrücke gebracht hat.

Text: Karl Seidelmann, Christian Stöger
Fotos: Alfred Brunsteiner, Ingrid Hamersky  

 

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