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Geflügelte Worte, Redewendungen und typisch Wienerisches waren das Thema des 3. Kulturspazierganges des Konventikels Wiener Weinberge. "alles leiwand?" war nicht nur das Thema, sondern angesichts der eisigen Temperaturen am Samstag, den 2. April 2022, auch die Einstiegsfrage an die TeilnehmerInnen beim Treffpunkt vor dem Goethe-Denkmal. Stadtführerin Katharina Trost informierte nicht nur in ihrer launig-unterhaltsamen Art über Redewendungen und Zitate, sondern erklärte auch, deren Ursprung.

Teilnehmer

Passend zum Goethe-Denkmal gab's dann gleich eines der wohl bekanntesten Literatur-Zitate, und zwar aus Goethes "Götz von Berlichingen": „Sag Deinem Hauptmann: Vor Ihro Kaiserlichen Majestät hab ich, wie immer, schuldigen Respekt. Er aber, sag‘s ihm, er kann mich im Arsche lecken“. Leicht verändert ist diese Redewendung wohl das meist zitierte aller Goethe-Zitate.

Goethe

Die überaus interessante und unterhaltsame Tour führte uns in den Burggarten zum Denkmal von Franz Ferdinand, wo wir mit den Geheimnissen der "Fächersprache" vertraut gemacht wurden. Im 18. Jahrhundert galt diese als eine einfache Methode graziös und mit Eleganz verschiedene Gemütszustände und Handlungen auszudrücken. Vor allem bei adeligen Frauen war es Etikette, die Fächersprache zu beherrschen und sich damit am Hofe dezent verständigen zu können. Die Signale, die dabei übermittelt wurden, galten oft den Liebeshändeln und dem Flirten. Beispiele: Über die Stirn ziehen – wir werden beobachtet; langsam fächeln – ich bin verheiratet; über die Wange ziehen – ich liebe Sie. 

Burggarten

Im Bibliothekshof / Hofburg der Örtlichkeit angepasst wurde der Begriff "antichambrieren" – ein langes Warten oder auch mehrmaliges Vorsprechen im Vorzimmer einer höhergestellten Persönlichkeit oder bei Behörden  - erklärt. "Etwas aus dem Effeff können" bedeutet etwas gründlich können. War auch gängige Abkürzung für Erzherzog Franz Ferdinand (FF), welcher für seinen übertriebenen Jagdtrieb bekannt war. Hier ist auch die Redewendung entstanden: Durch die Lappen gehen – bei Treibjagden gehen immer wieder einige Tiere durch die Absperrung aus aufgehängten Lappen.

Am Michaelerplatz, vor den Resten des Zivillagers Vindobona, erfuhren wir die Entstehung von „Geld stinkt nicht" - „Pecunia non olet“. Das geht zurück auf die Latrinensteuer des römischen Kaisers Vespasian (9-79 n.Chr.).

Katharina Trost nannte uns auch eine Vielzahl von erfolgreichen Verdeutschungen, welche wir dem „Wortschöpfer“, dem Schriftsteller und deutschen Dichter Philipp von Zesen (1619 – 1689) verdanken. Um nur einige zu nennen: Leidenschaft (Passion), Grundstein (Fundament), Verfasser (Autor), Abstand (Distanz), Gesichtskreis (Horizont, Panorama), Entwurf (Projekt), Angelpunkt (Pol), Beistrich (Komma), Farbgebung (Kolorit), Mundart (Dialekt), Weltall (Universum) u.v.a.m.   

Auch erfolglose Verdeutschungen wurden erwähnt, wie z.B. Blitzfeuerregelung (Elektrizität), Dörrleiche (Mumie), Entgliederer (Anatom), Erzvater (Papst), Gottestum (Religion), Jungfernzwinger (Kloster), Kirchentisch (Altar), Krautbeschreiber (Botaniker), Lotterbett (Sofa), Meuchelpuffer (Pistole), Tageleuchter (Fenster) u.v.a.m.

Viele Redewendungen aus dem Mittelalter/der Ritterzeit  stammen vom Hof, wie z.B. "Jemanden ins Visier nehmen", "Gut gerüstet sein" (gut vorbereitet sein), "Fest im Sattel sitzen" (einen sicheren Job haben), "Hieb- und stichfest" (Die Behauptung ist richtig, sie kann nicht widerlegt werden).

Es gibt aber auch viele Biblische Redewendungen wie "Der Mensch denkt und Gott lenkt", "Ein Dorn im Auge sein", "Hochmut kommt vor dem Fall", "Die Hände in Unschuld waschen" etc.

Am Judenplatz hörten wir Beispiele des Jiddischen, die ins Wienerische eingingen: "Schlamassl" (das Gegenteil von masel=Glück) (vgl. masel tov), oder "Haberer" (chaver=Freund), "Beisl" (beith= kleines Haus), "Meschugge" (verrückt), "Ezzes" (Rat) usw.

Der Weg führte weiter, vorbei am Alten Rathaus/Wipplingerstraße. Hier wurde der Begriff Eintopf genannt. 1933 wurde der Eintopfsonntag eingeführt. Alle Bürger waren aufgefordert, an einem Sonntag pro Monat das übliche Fleischgericht durch einen Eintopf zu ersetzen und das so eingesparte Geld dem Winterhilfswerk (WHW) zur Verfügung zu stellen. Daher auch der  „Häferlgucker“ = so wurden die Kontrolleure in Wien  genannt.

Interessant die Ausführung am Hohen Markt – Hier stand das Leinwandhaus (Gewand ) mit Bierschank. 1432 erhielt das Wiener Bürgerspital, in dem damals bereits mit Leinen gehandelt wurde, das Braurecht. Das dort ausgeschenkte „Leinwandbier“ genoss einen guten Ruf „Des is leiwand“ bedeutete, dass der bezeichnete Gegenstand so gut sei wie das Bier.

Leinwandhaus

Der vis a vis  ansässige Würstelstand animierte zu Beispielen aus dem Wienerischen wie Eitrige für Käsekrainer, Oaschpfeiferl für scharfen Pfefferoni, Glosaug (Glasauge) für Perlzwiebel, auch Mottenkugeln, Krokodü (Krokodil) für Essiggurke.  

Aber auch der arabische Einfluss in unserem Sprachgebrauch ist nicht unwesentlich. Viele Wörter mit Al- wie etwa Alchemie, Algebra, Alkohol (al kuhul), Limonade = leimun = Zitrone, Zucker – zukkar, Matratze – madra. Sofa – sufa – Bank oder Diwan.

Letzte Station war bei der Ruprechtskirche, denn direkt neben der Kirche war bis 1824 das sogenannte Salzamt und hatte das Monopol über den Salzhandel. Das Gebäude wurde erst 1832 abgerissen, dort entstand die Redewendung (nicht existierende Behörde) „beim Salzamt beschweren“.

Ruprechtskirche

Zum Abschluss wurde beim geselligen Beisammensein aller TeilnehmerInnen in der Fladerei am Salzgries noch über so manches Zitat und manchen Begriff diskuitiert. Wie etwa dem lateinischen "in vino veritas" (im Wein liegt Wahrheit), denn wird dieser im Übermaß genossen, beginnt bekanntlich auch die Rede-Wahrheit zu sprudeln. Was bei den Weinrittern natürlich nicht vorkommt. Da lässt sich schon eher der fröhliche Trinkspruch "Wein, Weib und Gesang" auf die Geselligkeit des St. Urbanus Ordenskollegiums anwenden.

Text: Katharina Trost und Karl Seidelmann
Fotos Karl Seidelmann.

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