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30 Mitglieder und sieben Gäste der St. Urbanus Weinritter machten am 3.6.23 eine Weinreise fast 1000 Jahre zurück: beim Besuch des Weingutes Schloss Gobelsburg und der Genossenschaft Winzer Krems. An beiden Locations gab es hervorragende Weine zu verkosten, die zwar nicht 1000, aber immerhin bis zu 22 Jahre zurück reichten.

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Am Vormittag starteten wir im Schloss Gobelsburg mit einer Einführung in die fast 1000-jährige Geschichte. 1074 bereits urkundlich erwähnt wird seit 1171 auch Weinbau betrieben. Die 1725 von Joseph Munggenast durchgeführte Barockisierung trieb Otto Achaz Ehrenreich Graf Hohenfeld in den Ruin. 1740 erwarb das Stift Zwettl den Besitz. Nach der Verwüstung des Schlosses und der Vernichtung des Weinbestands nach dem 2. Weltkrieg durch französische Kriegsgefangene, übernahm 1958 Pater Bertrand Baumann die Leitung des Gutes, renovierte es und begann wieder mit dem Weinbau. Seit 1996 wird das Weingut von Michi Moosbrugger, einem Mitbegründer der Österreichischen Traditionsweingüter, geführt.

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Der Rundgang startet in der Neuen Vinothek (ca. 300 Jahre alt) - Lager für die Süßweine – wo die Segnung des neuen Weinjahrgangs durch den Abt des Stifts Zwettl stattfindet, sowie firmeninterne Feste.

"Im Stahltankkeller gären bzw. lagern die Klassik- und Gebietsweine, bis sie in Flaschen gefüllt werden und ausschließlich mit Schraubverschlüssen versehen werden. Die Stahltanks sind neutral, einfach zu reinigen und doppelwandig, dadurch kann jeder Tank nach Bedarf temperiert werden", erfahren wir bei der Führung. Im Rotweinkeller - 2017 Zerstörung der Weine durch den Einsturz bei der Kellererweiterung – lagern die Weine in Holzfässern.

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Michi Moosbruggers Vision folgend – Wein muss lagern – erfolgte die Erweiterung um den wahrscheinlich eindrucksvollsten Weinkeller, den Kreuzgangkeller. Die Baumaterialien (ewige Haltbarkeit war dem Stift Zwettl wichtig) sind Granit für die Säulen, Manhartsberger Eiche für die Bänke und Ziegel (ca. 700 000) für die Gewölbe. Hier befinden sich die Rüttelpulte für die Schaumweine (Herstellung: méthode traditionelle) und Weinfässer auf Rollen, die im Winter hinausgerollt werden können, damit eventuell ausfallender Weinstein durch die Kälte, bei 4-0 Grad, nach unten sinken kann und um so wenige wie möglich in den Wein einzugreifen (z.B.: Filtration).

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Über dem Kreuzgangkeller ist ein Garten angelegt, Platanen wurden in der Form eines Kreuzgangs gesetzt, der für Feste genutzt werden kann. Zurück geht es durch die Alte Vinothek, die ausschließlich den Mönchen gehört und zur Dokumentation der dort gelagerten Weine (ab 1947) findet alle zehn Jahre eine Kellerverkostung statt. Durch den Reifekeller (für die Tradition HERITAGE), die Weine reifen hier 3 bzw. 10 Jahre, geht es dann Richtung Weinkost.

Bevor wir die Weine verkosten, gibt uns Michi Moosbrugger noch eine Einführung über die Klassifikation, um die Vermarktung auch international zu erleichtern. "Dieser Aufgabe hat sich der 1992 gegründete Verein der Traditionsweingüter verschrieben. Zuerst mussten wir Analysen und Grundlagen erarbeiten, um danach 2009 mit dem Klassifikationsprozess „ÖTW Erste Lage“ zu beginnen. Mittlerweile ist die Bezeichnung auch schon im Weingesetz verankert," erklärt Moosbrugger nicht ohne Stolz. "Von der Gesamtheit der Riedenweine können nur ca. 15% „ÖTW Erste Lage“ sein. Eine weitere Klassifizierung ist die „ÖTW Grosse Lage“, die dann nur 5% der Gesamtheit der Riedenweine betragen soll. Es wurde auch festgelegt, dass eine Riede 35 ha nicht überschreiten darf."

Folgende Weine wurden verkostet:

  • N.V. Brut Reserve: eine Cuvee aus etwas mehr als die Hälfte Grüner Veltliner und ca. je ein Viertel Riesling und Pinot Noir.,12% alc., zwei bis drei Jahre auf der Hefe, wird händisch gerüttelt; In der Nase einladend, schöne reife Fruchtnote, am Gaumen trocken, feine Perlage mit Frucht von Birne und reifem Apfel, cremig, schönes Brioche. Feinwürziger Abgang mit frischer Zitrusnote.
  • Grüner Veltliner Kamptal 2022, 12,5%: ein Kamptaler Gebietswein. Der klassische Kamptal Wein ist ein leichter einfacher Wein, hat eine angenehme aber nicht aufdringliche Aromatik und ist sehr trinkfreudig..
  • Grüner Veltliner Langenlois 2022, 13%, Ortswein: grüngelb, deutliche Birnenfrucht, noch ziemlich spritzig, frisch, Hat ein schönes Frucht-Säure Spiel. Im Abgang wieder viel Birne.
  • Grüner Veltliner Ried Grub 2021 Erste Lage, 13,5%: strohgelb, Steinobst und Kräuterwürze. Ein kräftiger Veltliner, die elegante Säure trägt die Fruchtigkeit extrem lange im Abgang. Ein toller Wein. Sehr gutes Entwicklungspotenzial.
  • Riesling Ried Gaisberg 2017 Erste Lage, 13,5%: strohgelb, leichtes Petrol, viel an reifen Steinobstnoten, etwas tropische Noten nach Mango. Kraftvoll, kräuterwürzig, wieder ein feines Frucht-Säure-Spiel, daher auch wieder gute Länge im Abgang. Topwein.
  • Pinot Noir Reserve 2020, 13,5%: helles rot, feiner Duft nach Johannisbeere, etwas Kirsche, am Gaumen etwas Tannin spürbar, wieder viel Beerenfrucht, schöner langer Abgang.

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Kurz vor 13 Uhr ging es nach Krems zur Winzer Krems, einer kooperativen Winzergenossenschaft mit 800 Mitgliedern, die eine Rebfläche von 1200 ha bewirtschaften und ca. 9 Mio. kg Trauben liefern. 

In alten, revitalisierten Weinkellern, die zu einem großen Keller verbunden wurden, erwartete uns ein warmes Essen, zu dem folgende Weine gereicht wurden:

  • Grüner Veltliner Ried Kremser Goldberg 2022, 12,5%: grüngelb, klassisches Fruchtbukett, würzig, lebendiges Säurespiel, am Gaumen leicht pfeffrig, typischer Grüner Veltliner vom Löss
  • Donauveltliner 2022, 13%: eine neue PIWI-Rebsorte. Viel Frucht in der Nase, leichte exotische Noten nach Mango, Maracuja, knackige Säurestruktur, hat dann aber einen etwas herausfordernden säurig-bitteren Abgang
  • Grüner Veltliner Chremisa 2022, 13,5%: Als „Urbs Chremisa“ wurde die Stadt Krems an der Donau im Jahr 995 erstmalig erwähnt, daher der Name. Sortentypischer, würziger Grüner Veltliner mit feinem, duftigem Pfeffer und viel Apfelfrucht, gutes balanciertes Süße-Säure-Spiel, ein passender Speisenbegleiter.

Danach führte uns Joachim Berger, mit Erlaubnis von Kellermeister Franz Arndorfer, durch den Produktionsbereich, der bis 2005 großzügig erweitert wurde und dabei auch mit zwei Photovoltaikanlagen (eine mit 250 kW und eine mit 500kW) ausgestattet wurde. "Im Presshaus werden die Trauben, die in Übernahmekisten angeliefert werden, in pneumatischen Pressen (je zwei mit einem Fassungsvermögen von 15000 kg bzw. 8000 kg) verarbeitet. Rotweine werden vor dem Pressen gerebelt und in der Maische temperaturkontrolliert vergoren," erläutert Berger.

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"Im Gärkeller haben wir doppelwandige Gärtanks, Fassungsvermögen von 300 bzw. 120 000 Liter, sowie Barriquefässer (225 l). Um die Sicherheit im Gärkeller zu gewährleisten, werden die Gärgase bis zu 90% schon oben bei den Tanköffnungen abgesaugt," sagt Berger. Durch den Spezialitätenkeller geht es weiter in den Lagerkeller, der ab August das ausgelagerte Weinlager wieder aufnehmen soll. Die 1 ½ Jahre alte Füllanlage befindet sich über dem Spezialitätenkeller. Berger: "Mit Hilfe von nur drei Mitarbeitern werden die Flaschen leer kontrolliert, sterilisiert, befüllt kontrolliert, verschlossen, etikettiert, um dann in der Kartonagemaschine verpackt zu werden. Im Jahr werden ca. 9 Mio. Flaschen gefüllt."

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Zurück in den Weinkellern kamen noch folgende Weine zur Verkostung:

  • Grüner Veltliner Kremser Wachtberg Reserve 2011, 13,5%: grüngelb, kräftig, körperreich, vollmundig; würzige und blumige Aromen, schönes Frucht-Säure-Spiel, gutes langes Finale.
  • Grüner Veltliner Kremser Wachtberg Reserve 2001, 14%: goldgelb, viel reife Frucht in der Nase, leichte reife exotische Noten, feine Säure, sehr langer Abgang.
  • Riesling Kremser Pfaffenberg Reserve 2011, 13,5%: grüngelb, leichtes Petrol, schöne Steinobstnoten, mineralisch, feine Säure, lange anhaltender Abgang.
  • Riesling Kremser Pfaffenberg Reserve 2001, 14%: goldgelb, viel reife tropische Früchte in der Nase, Mango, Papaya, kräftig, vollmundig, spürbarer Restzucker, passende Säure, stützt die Frucht bei einem sehr schönen langem Abgang.
  • Kremser Traminer Auslese 1977, 13%: bernsteinfarbig, verhaltene Frucht, von Traminer-Fruchtaromen ist fast nichts mehr vorhanden, viel Restzucker, war in jüngeren Jahren sicher besser, für Altweinfreaks noch zu trinken aber kein echter Genuss mehr
  • Grüner Veltliner Kremser Sandgrube Auslese 1969, 13%: goldgelb, duftig, geht in Richtung leichter Sherry, besitzt noch eine fruchtige unterstützende Säure, im Abgang ist leider nicht mehr viel Stoff vorhanden, mitellanges Finish.
  • Kremser Müller-Thurgau Trockenbeerenauslese 1979, 12,5%: bernsteinfarbig, in der Nase reife süße Fruchtanklänge nach Dörrfrüchten, Feigen, Rosinen; am Gaumen auch etwas Kräuter bemerkbar, im Abgang Orange, es dominiert viel Süße über die Frucht.

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Der Ausflug nach Gobelsburg und zu den Winzern Krems hat eines gezeigt: Weintradition, seit fast 1000 Jahren gelebt, muss sich auch immer wieder neu erfinden und definieren (wie z.B. durch die Einführung der ÖTW Lagenbezeichnungen). Und man hat auch gesehen, dass Winzergenossenschaft mit 800 Mitgliedern auch durchaus in der Lage ist, Spitzenweine zu erzeugen. Wenn das nötige Know How und das Engagement der Verantwortlichen vorhanden ist.

Text: Johannes & Angela Hammer, Michael Puhr
Fotos: Johannes Hammer, Silvia Stöger

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