Wo vor rund 2.000 Jahren die Kohorten der römischen Legion Appolinaris lebten, tauchten am Samstag, den 8.8.2020 35 Mitglieder der St. Urbanus Weinritter ein ins Leben der Römerstadt Carnuntum. Um danach im Weingut Oppelmayer in Göttlesbrunn mit römischem Essen und Wein (zum Glück kein römischer Gewürzwein "Mulsum") den Nachmittag in den Weingärten am Schüttenberg zu genießen.
Mit einem herzlichen "Salve" wurden wir im Archäologiepark Carnuntum begrüßt und - Corona bedingt - in zwei kleinere Gruppen aufgeteilt, die von kundiger Führerinnenmund so manche überraschende Details des Lebens in der Römerstadt vor rund 2.000 Jahren erfuhren. Im Jahre 6 n.Chr. als Winterlager unter Kaiser Augustus war Carnuntum zuerst nur Basis der römischen Expansionspolitik nach Norden. Doch Quaden und Markomannen nördlich der Donau leisteten den Römern anhaltenden Widerstand, sodass die Donau bald die Nordgrenze des römischen Reiches wurde - und Carnuntum die Hauptstadt der Region Pannonien. Zwischen Vindobona (dem heutigen Wien) und Brigantium (dem heutigen Bratislava) gelegen war hier, an der Kreuzung von Limesstraße und Bernsteinstraße, die XIIII-Legion stationiert. Zuerst nur 5.500 Solaten und 500 Berittene, doch schon bald entwicklete sich Carnuntum vom reinen Miitärlager zur Garnisonsstadt.
124 n.Chr. erhielt man unter Kaiser Hadrian das Stadtrecht, unter Marc Aurel war Carnuntum 171 und 173 römische Kaiserresidenzstadt, und 193 n.Chr. war hier Lucius Septimius Severus, Statthalter von Oberpannonien, zum römischen Kaiser ausgerufen worden. 308 fand hier die Drei-Kaiser-Konferenz statt, bei der Diokletian, Galerius und Maximian versuchten, das Herrschaftssystem der Tetrarchie zu retten. Nach einem schweren Erdbeben im Jahre 350 beginnt der Verfall der Stadt, symptomatisch auch für den Niedergang des römischen Reiches. Um 400 verießen die Römer Carnuntum, 433 fiel die Provinz Pannonien an die Hunnen. Ende des 19.Jahrhunderts hat man dann im ehemaligen Stadtgebiet, das zur Blütezeit im 3. Jahrhundert 10 Quadratkilometer umfasste und von 50.000 Menschen bewohnt wurde, mit den Ausgrabungen begonnen.
Ab dem Jahr 2000 hat man begonnen, die Fundamente nicht nur freizulegen, sondern die Häuser anhand von alten Plänen, Fundstücken und schriftlichen Überlieferungen originalgetreu wieder zu errichten. Die ersten wurden 2009 fertig, seither geht der Wiederaufbau von Carnuntum zügig voran. Anhand eines Steines mit Inschrift weiß man etwa, dass es einen Tuchhändler namens Luzius Maticeius Clemens gegeben hat, dessen Haus 2005/2006 auf 355 m2 Fläche neu errichtet wurde - und das wir besuchen konnten. Und so einen Eindruck vom römischen Leben erhielten.
Ebenso wie ein Besuch in der Villa Urbana, einem richtigen Anwesen eines hohen Beamten der Stadt. Gleich nebenan die römische Therme, die einen guten Einblick in die Badekultur und die fortschrittlichen Hygienemaßnahmen der Römer boten. Die rekostruierten Wandmalereien gehen übrigens aus Putzfragmente zurück, die man bei den Ausgrabungen gefunden hat. In mühevoller Puzzlearbeit hat man so Teile wieder zusammengesetzt und einen farblichen Eindruck der Innenausstattung der Häuser bekommen.
Wie im Flug verging die Zeit und zu Mittag führte uns diese Wein- und Kulturreise des Konventikels Wiener Weinberge weiter ins nahe Göttlesbrunn, wo im Weingut Oppelmayer bereits ein Sektempfang auf uns wartete. Nach WR-Sekt "Sphinx" zur Erfrischung fuhren und spazierten wir hinaus auf den Schüttenberg, wo in 286 m Höhe mit Blick über die Rieden von Göttlesbrunn ein römisches Picknick auf uns wartete.
Zum Laib Brot gab's ein Stück geräuchertes Wildschwein, Hirschwurst, ein Ei und einen Paprika - das traditionlle Verpflgungspaket eines römischen Legionärs. Zum Glück war der Wein vom WG Oppelmayer nach heutigem Stil gemacht, und kein römischer Gewürzwein "Mulsum".
Römische Geschichten und so manche Anekdote zu den Weinen ließen auch den Nachmittag wie im Flug vergehen. Bei Gemischtem Satz 2019 (WB + CH), GV Ried Haidacker 2019 (strahlendes Gelb, mit typischem Pfefferl, reife Äpfel und Stachelbeeren am Gaumen), WB Reserve Ried Haidacker 2017 (im Barrique ausgebaut), auch im Barrique des SB 2017 mit Aromen nach Holunderblüten, Stachelbeeren und Grapefruit. Bei den Rotweinen überzeugten Merlot "Mythos" 2017 (20 Monate im Barrique, mit Brombeer- und Pflaumennoten) sowie der Zweigelt Ried Haidacker 2017 mit kräftigen 14 Vol%.
Mit einem Linseneintopf "Aliter Lenticulam" vom offenen Feuer, dem sogenannten "Gladiatorenessen" (die haben sich nämlich überwiegend vegetarisch ernährt!), ging dieser Ausflug in die römische Geschichte stilgerecht zu Ende. Römisches Essen und österreichischer Wein, eine durchaus interessante Kombination, die vor allem in Göttlesbrunn zu überzeugen verstand.
Text und Fotos: Christian Stöger