Champagner - für die einen einfacher Sprudel, für die anderen der Inbegriff des Wohlgeschmackes und der festlichen Anlässe. 14 verschiedene Champagner sind bei der ersten Tafelrunde des Jahres am Donnerstag, den 22. Jänner 2016 im Ordenskeller des St. Urbanus Konventikel Eins verkostet worden - mit durchaus beachtlichen Qualitätsunterschieden.
Mit der Entdeckung der Flaschengärung und deren Weiterentwicklung zur kontrollierten Methode der Herstellung von Schaumwein durch den Benediktinermönch Dom Perignon Ende des 17. Jahrhunderts hat der Siegeszug des "Champagners", also des Schaumweins aus der Champagne, rund um die Welt begonnen. Voresrt nur an den Höfen der Könige und Fürsten, später auch beim allgemeinen Adel und dem gehobenen Bürgertum ist es bis heute ein besonderes Getränk geblieben. Tradition, edle Trauben (zumeist Pinot Noir, Pinot Meunier und/oder Chardonnay sowie sorgfältige Verarbeitung garantieren höchstes Trinkvergnügen.
Zwei große Anbaugebiete prägen die Region südlich der Stadt Reims: den Montagne de Reims mit dem Hauptort Epernay, wo hauptsächlich Pinot Noir-Trauben angebaut werden, und die Côte de Blanc, wo überwiegend Chardonnay-Trauben ausgepflanzt sind. So versteht man unter einem Blanc de Blanc auch einen reinsortigen Chardonnay-Champagner, während der Zusatz "de Saignée" auf einen reinsortigen, allerdings weiß oder rosé ausgebauten Pinot Noir hinweist. Ein solcher, nämlich der Rosé de Saignée von Florent Bergeronneaux Marion (€ 39,-) aus Ville Domange in der Montagne de Reims machte den Anfang der Verkostungsrunde.
Bei diesem reinsortigen Pinot Noir-Champagner handelt es sich um einen Premieur Cru mit 12 Volumsprozent. Der zart fruchtige und milde Schaumwein wurde 36 Monate auf der Flasche vergoren. Bei dieser als Champagner-Methode bezeichneten zweiten Gärung des Grundweins wird dieser mit Zucker und Hefe versetzt (der Tirage) und in die Flasche gefüllt, die mit einem Korken druckfest verschlossen wird. Bei der Gärung wird nun der Zucker durch die Hefen in Kohlensäure und Alkohol umgesetzt. Nach Ablauf der Gärzeit wird die Hefe durch Abrütteln in den Flaschenhals bewegt und tiefgefroren. Durch den Überdruck beim Öffnen der Flasche schießt der gefrorene Pfropfen heraus (was man "Degorgieren" nennt). Bevor die Flasche endgültig verschlossen wird, wird sie mit der "Dosage", in der Regel Süßwein, aufgefüllt. Wodurch folgende Geschmacksrichtungen entstehen:
- Ultra Brut, Brut Nature oder Brut integral, non dosé oder zero dosage: keine Dosage, 0 bis 3 g/L Restzucker
- Extra Brut: Dosage mit 0 bis 6 g/L Restzucker
- Brut: Dosage mit 0 bis 12 g/L Restzucker
- Extra Sec oder Extra Dry: Dosage mit 12 bis 17 g/L Restzucker
- Sec: Dosage mit 17 bis 32 g/L Restzucker
- Demi Sec: Dosage mit 32 bis 50 g/L Restzucker
- Doux: Dosage mit mehr als 50 g/L Restzucker (selten bei Champagnern)
Bestens zum Aperitiv geeignet waren die beiden nächsten Brut-Champagner mit jeweils 12,5 Volumsprozent von Veuve Pelletier & Fils aus Epernay und von Janisson & Fils (60% Pinot Noir/40% Chardonnay) aus Verzenay. Ersterer mit zartem Aroma und leichten Apfelnoten, der Zweite mit feinen, eleganten Apfel- und Mandeltönen und 89 Falstaff-Punkten. Beide jeweils € 22,- Neben dem Traditional Brut von Janisson & Fils gab es auch einen Grand Cru aus gleichem Hause (€ 26,50), der länger auf der Hefe reifte und nach Birnen und Quitte schmeckte.
Die Grande Reserve vom Gut Edmond Barnaut aus Bouzy zeigte sich rund, füllig, mit Aromen von Pflaumen, hellen Früchten und gebrannten Mandeln (€ 36,-). Der Betrieb wird in 5. Generation von Philippe Secondé geführt. Dieser Grand Cru Champagner aus 66% Pinot Noir und 33% Chardonnay zeigt viel Raffinesse, was dem "Decanter"-Magazin 16 von 20 Punkten Wert war.
Zwei international wohl bekannte Champagner folgten: Brut Veuve Cliquot (€ 44,-) mit 12 Volumsprozent und leichten Zitrusnoten, sowie Moet Chandon Imperial Brut (€ 48,90), einem Verschnitt aus hundert verschiedenen Weinen der Sorten Pinot Noir, Pinot Meunier und Chardonnay, die 36 Monate in der Flasche vergoren wurden. Das Ergebnis: Klares Strohgelb, gleichmäßige Perlage, intensive Honig- und Fruchtdüfte, Briocheanklänge, kräftig und lang am Gaumen.
Beim Extra Brut No. 737 von Jacquesson bezeichnet die Zahl den Jahrgang 2009, wobei 70% der Grundweine aus diesem Jahr stammen, 30% sind Reserveweine. Die Trauben stammen ausschließlich aus "1er Cru" und "Grand Cru"-Lagen, und zwar 43% Chardonnay, 30% Pinot Meunier und 27% Pinot Noir. Der Champagner zeigte sich sehr üppig, vollmundig, mit leichter Würze von weißem Pfeffer und Ingwer, grünem Apfel und Orangenblüten (€ 55,-).
Im Eichenfass gereift sind die Weine der drei Leitsorten der Region für den La Preference 2008 Brut von Baron Albert (€ 35,-), als Lieferant des britischen und spanischen Königshauses berühmt geworden ist Ayala. Dessen 2002er Brut besteht zu 80% aus Chardonnay und zu 20% aus Pinot Noir und erinnert an Honig und Akazienblüten (€ 40,-). Beides ältere, reifere und daher auch kräftigere Champagner, die durch langen Abgang betören.
Schon Sir Winston Churchill war vom Champagner des Hauses Pol Roger sehr angetan. 1849 in Epernay gegründet, gilt es bis heute als eines der besten und exquisitesten Häuser der Champagne - und ist eine der letzten unabhängigen und privaten Kellereien, die Tradition und Eleganz zu pflegen weiß. Die Weine werden nie in Holzfässern gelagert; die Keller von Pol Roger sind die kühlsten in der ganzen Champagne, wo die Brut Reserve vier Jahre reifte. Mit 12,5 Volumsprozent gehört dieser Schaumwein zu jener kleinen Gruppe an Champagnern, die bewusst mit dem Ziel vinifiziert wurden, sich - natürlich unter idealen Lagerbedingungen- auch über Jahre hinweg auf der Flasche zu entwickeln. Was bei der Verkostung ein echtes Trinkvergnügen bereitete.
Gegen Ende der Verkostung im Ordenskeller begeisterte die Cuvée Cleo Brut der 1948 gegründeten Genossenschaft Esterlin. Dieser Blanc de Blanc (reinsortiger Chardonnay) schmeckte süßlich mit deutlichen Honigtönen und wurde vom Falstaff-Magazin mit 92 von 100 Punkten bewertet (€ 35,-). Ein weiterer Blanc de Blanc, und zwar der Brut Grand Cru Choilly vom Familienbetrieb AR Lenoble (€ 34,-) war mit einem Hauch von Walnuss, getrockneten Kräutern, feiner gelber Frucht unterlegt, am Gaumen zart nach Dörrobst schmeckend und geprägt von individuellem, ausdrucksstarken Bukett Falstaff nicht nur 96 Punkte wert, sondern es war auch ein würdiger Abschluss eines großen Champagnerabends.
Text und Fotos: Christian Stöger