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26 Personen sind am Samstag, den 25. März 2017, der Einladung des Konventikels Niederösterreich des St. Urbanus Weinritter Ordenskollegiums nach Rohrendorf an der Krems gefolgt. In der Rebschule von Junker Franz Backknecht erfuhren wir Grundlegendes zur Veredelung und Aufzucht der heimischen Weinreben und konnten anschleßend die moderne Anlage besichtigen. 1931 gegründet ist es heute die älteste aktive Rebschule Österreichs und erzeugt jährlich etwa 500.000 Stück Weinreben.

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Begonnen hat alles eigentlich im 19.Jahrhundert, und zwar in den 1860er Jahren. Damals wurde durch Rebstöcke aus Nordamerika die Reblaus nach Südfrankreich eingeschleppt. In der Folge verbreitete sich dieser Schädling, der die Wurzeln der Weinstocke angreift, rasant in den Weinkulturen Europas. In Österreich trat die Reblaus erstmals 1867 im Weinbaugebiet Wagram auf - mit verheerender Wirkung. Innrhalb kürzester Zeit waren die Weingärten in nahezu ganz Europa schwer geschädigt, die Weinstöcke vernichtet.Man sprach von der "Reblauskatastrophe" und suchte nach Möglichkeiten, den Weinbau zu retten. Daher griff man auf die in den USA wildwachsenden Reben zurück, die sich gegen den Befall der Reblaus resistent zeigten, allerdings nur saure Trauben produzierten, die für die Weinerzeugung ungeeignet waren. Und so kam die Veredelung ins Spiel.

Man nahm also Rebstöcke aus den USA, sogenannte "Unterlagsreben" wie die Kalk-, Felsen- und Uferrebe sowie Kreuzungen von diesen - und veredelte sie mit Edelreisern, die auf die Unterlagsreben aufgepfropft werden. Eine wirksame Maßnahme gegen die Reblaus, die bis heute eingesetzt wird. 70 bis 100 Edelreiser werden aus einem Weinstock gewonnen, die für die Veredelung verwendet werden können. Wie in der Rebschule Franz Backknecht in Rohrendorf.

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Rohrendorf ist seit Jahrzehnten ein Zentrum der österreichischen Rebveredelung. Die erste und älteste Rebschule Östereichs war hier jene des Dr. Lenz Moser, die bis zum Jahre 1996 von seinem Sohn weiter geführt und danach von Franz Backknecht übernommen wurde. 1931 haben Franz (1901-1960) und Aloisia (1906-1990) Backknecht ihre Rohrendorfer Rebschule gegründet. Damals mit einer Produktion von 40.000 Rebveredelungen.

Ab dem Jahre 1959 wurde die Rebschule von Franz Backknecht und seiner Frau Herta übernommen und ausgebaut. 1975 trat die dritte Generation in den Betrieb ein: Franz und Edith Backknecht. In Zusammenarbeit mit renomierten, fortschrittlichen Weingütern wie Jamek, Knoll, Malat, Hans Topf und F.X. Pichler wurde sowohl das Edelreismaterial von Traditionssorten wie Grüner Veltliner, Riesling und Weißburgunder, als auch neue, in der Region praxisgetestete Sorten wie Chardonnay, Sauvignon blanc und Cabernet weitervermehrt und den Kunden zur Verfügung gestellt. 1994 übernahmen Franz und Edith Backknecht den Betrieb und im Jahr 2000 trat mit Franz Wolfgang Backknecht 1993 (geb 1975) nach seiner Ausbildung an der Weinbaufachschule Krems und Praxen in Deutschland und Österreich die vierte Generation in die neu gegründtete Gesellschaft nach bürgerlichem Recht (GesnbR) ein.

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Wie die Mitglieder des St. Urbanus Weinritter Ordenskollegiums erfuhren, gibt es in Österreich etwa 48.000 ha Weinbaufläche. Pro Hektar stehen etwa 4.000 Reben, alle 25-30 Jahre sollte ein Weingarten erneuert werden. Das bedeutet, dass jährlich etwa 4 Prozent der heimischen Rebfläche erneuert werden, was zwischen 4-7 Millionen Reben erfordert. Und hier kommt die Rebschule ins Spiel, wo die Winzer ihre veredelten Weinstöcke beziehen.

"Im Dezember erfolgt der Schnitt der Edelreiser", erläutert Franz Backknecht, Weinbaupräsident von NÖ, österreichischer Rebveredlerverbandspräsident und Junker des St. Urbanus Weinritter Ordenskollegiums. "450 Bund haben wir heuer bekommen." Die Reben werden entrankt, jede Rute wird auf ein Auge zurückgeschnitten, desinfiziert und in Plastiksäcken im Kühlraum bei 2-3° gelagert.

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Die entsprechenden Unterlagsreben werden zum größten Teil aus Italien und Deutschland bzw. Frankreich importiert. "Die dortigen Klimabedingungen sichern eine ausgezeichnete Qualität", so Backknecht. "Natürlich wird nur virusfreies, nach EU-Standard zertifiziertes, Material verwendet." Das dann verdelt wird. 40.000 Reben pro Tag. Mit einer speziellen Maschine wird das Edelreis per Hand aufgepfropft.

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Danach kommen die verdelten Reiser in eine Kiste mit Sägespänen und bis Ende April ins Kühlhaus. Dieselbe Halle wird im Frühjahr als künstliches Treibhaus verwendet. Sie ist mit einem Kühl- und Heizsystem ausgestattet, das eine stufenlose Temperaturregelung zwischen -5 und + 50 ° Celsius zulässt. Beim Vorgang des Vortreibens (der 2 - 3 Wochen dauert) wird mit Hilfe von Quecksilberdampf-Tageslichtlampen das natürliche UV-Spektrum des Sonnenlichts erzeugt. "Man ist somit absolut unabhängig von der Witterung und kann mit gleichmäßiger Licht und Wärmezufuhr eine optimale Umgebung für die Pflanzen schaffen", erklärt Franz Backknecht.

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Die vorgetriebe Rebe wird parafiniert und verpackt. "Wichtig ist die genaue Beschriftung, denn anhand der Reiser ist die Sorte absoplut nicht zu erkennen", sagt Backknecht. "Um Verwechslungen zu verhindern, muss während der gesamten Produktion genau und konzentriert gearbeitet werden." Die vorgetriebenen Reben werden danach auf einer Fläche von ca. 3 ha über die Vegetationsperiode von Mitte Mai bis Ende Oktober "eingeschult", d.h. vorgezogen. Im Herbst erfolgt der Rückschnitt, die Qualitätsprüfung (ob die Veredelungsstelle gut verwachsen ist). "Etwa 60% der Reben, die gut angewachsen sind, sind eine gute Ausbeute", so Backknecht. In Plastiksäcken verpackt kommen die Reben danach in Kartons zu 50 Stück - und sind nun bereit zum Verkauf.

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Mit derartigem Basis-Wein-Wissen ausgerüstet ging es für die St. Urbanus Weinritter danach in die Kellergasse Rohrendorf, um beim Winzer Hermann Mittelbach die Praxis zu verkosten. Die Plalette der weißen Jungweine 2016 stand auf dem Programm, wobei sich alle bereits gefüllten Weine leicht, duftig und spritzig zeigten. Hier vor allem der Grüne Veltliner DAC "Vom Löss" mit 12,5 und zarten Quittenaromen, oder der strahlige Riesling "Gebling" mit ebenfalls 12,5% und schönen Marillennoten. Nicht vergessen sollte man auch den Pinot Blanc mit 13% und dem Duft nach Hollunderblüten sowie den runden Neuburger. Wirklich gelungen zeigten sich die Proben aus dem Stahltank jener Weine, die erst in einigen Wochen auf die Flasche kommen.

Hier sei der volle Riesling "Gebling" Reserve erwähnt, aber auch der blumig-fruchtige Muskateller, der sich bereits in der Nase voll entwickelt zeigte, oder der Sauvignon Blanc mit schönem Birnenduft sowie die Sauvignon Blanc Reserve mit deutlichem Aroma nach gelbem Paprika. Mit der Verkostung dieser lokalen Weine, einem opulenten und variantenreichen Heurigenbuffet sowie angeregten Gesprächen ging der lehrreiche, informative aber auch unterhaltsame Ausflug nach Rohrendorf zu Ende. Fazit: die Arbeit am Wein beginnt nicht erst im Weingarten, sondern bereits Jahre früher. Denn nach der Veredelung, also praktisch der Herstellung der Edelrebe, vergeht ein Jahr bis zur Auspflanzung im Weingarten - und weitere drei Jahre, bevor die ersten Trauben gelesen werden können. Auch das sollte man beim Wein trinken wissen.

Text und Fotos: Christian Stöger

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