Bulgarischer Wein? Für viele in Österreich ein weitgehend unbekanntes Gebiet. Umso interessanter und aufschlussreicher war die Verkostung des Konventikels Eins des St. Urbanus Ordenskollegiums am Donnerstag, den 2. März 2017 im "Seasons". Ani und Peter Schmid, Generalimporteure für bulgarischen Wein, verstanden es, die vier Weißweine, zwei Rosés und vier Rotweine informativ und unterhaltsam zu präsentieren - und hatten so manche Überraschung für die 18 teilnehmenden Urbanus-Mitglieder bereit.

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Seit mehr als 6.000 Jahren, seit der Hochkultur der Thraker, wird in Bulgarien Wein produziert. Wobei bulgarischer Wein vor allem vor dem Ersten Weltkrieg an den Tafeln des Adels und der Königshäuser sowie in den besten Restaurants der Welt nicht fehlen durfte. Es sind vor allem die autochtonen Rebsorten wie Dimyat (eine für die Schwarzmeer-Region typische Weißweinsorte), die rote Misket (am Südrand des Balkangebirges), die alte Sorte Mavrud für kräftige Rotweine oder die Gamza, eine Rotweinsorte aus Nordwestbulgarien. 1903 wurden französische Reben nach Bulgarien gebracht,  um sie vor dem massiven Milbenbefall in Frankreich zu retten. Seither werden Malbec, Cabernets, Grenache und Merlot in Bulgarien kultiviert, heute von 154 Weingütern. 80 Prozent des Weines gehen dabei in den Export, zwei Weingüter sind exklusiv in Österreich vertreten: Minkov-Brothers (seit 1874) und Domaine Boyar, die zusammen 160 verschiedene Weine in 25 Serien (alle Weine einer Serie zum gleichen Preis) anbieten. Ähnlich wie in großen Anbauländern wie Australien oder Südafrika versucht man auch in Bulgarien, Masse zu produzieren und Qualität herauszuarbeiten.

Weine

Nach einem kräftig-fruchtigen, nach der Champagner-Methode hergestellten Chardonnay Premier Schaumwein der "Boutique"-Serie, machte eine leichte Sauvignon Blanc/Rheinriesling-Cuvée "Cycle" aus dem Jahr 2014 mit 13% den Anfang der Weißweine. Ein Wein mit wenig Restzucker, aber auch mit wenig Säure - ein Kennzeichen vieler bulgarischer Weißweine, die sich durchwegs fruchtbetont präsentierten. Das galt auch für den Sauvignon Blanc "Rue Romance" 2015 mit 12%. Goldgelb im Glas, breit, üppig und eher süß-fruchtig. Beide übrigens um € 6,90. Ausgezeichnet mit einer Goldmedaille im November 2015 bei der Concours Mondial in Brüssel ist der Rheinriesling "Le Photographe" 2011 mit 13%. Aus dem Thrakien-Tal, zeigt er Aromen von Apfel und Quitte, ist mineralisch mit guter Struktur und langem Abgang. Um € 16,80 für ein derartiges Spitzenprodukt durchaus preiswert. Nicht weniger kräftig zeigte sich auch der Chardonnay "Platinum" Limited Edition 2013 der Domaine Boyar. Nur 10.000 Flaschen wurden davon nach eineinhalb Jahren im Barriquefass gefüllt. Mit 13% ein vollmundiger, wuchtiger Chardonnay internationaler Prägung um € 14,50, der ob dieser Qualität alle positiv überraschte.

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Immer beliebter werden in Bulgarien Rosé-Weine, von denen es zwei zu verkosten gab: einen Marselan 2015 aus der "Rue Romance"-Serie mit 13,5% um € 6,90 und eine Grenage-Mourvedre-Cuvée 2015 mit 13% aus der "Boutique"-Serie um € 12,40. Beide Weine leicht herb im Abgang, Letzterer in einer sehr eleganten Flasche und mit auffallend hellem Pink.

Mit der AWC-Goldmedaille 2016 wurde in Wien eine Vierercuvée (4Cycle) aus CS, Calatoc, CF und Camenere, "Elements Fire" 2015 mit 14%, ausgezeichnet. Der Wein besticht durch dunkles Rubinrot, kräftigen Körper und volles Aroma. Um € 11,50 ein tolles Preis-Leistungs-Verhältnis. Ein Syrah 2014 aus der "Le Photographe"-Serie mit 13% kostet € 16,80, war sehr fruchtig, breit, fast ölig im Glas. 

Rot

Ebenfalls mit Gold bei der AWC 2016 ausgezeichnet wurde der Merlot aus der "Platinum"-Serie. Mit 14% ebenfalls ein kräftiger, voller und runder Wein internationalen Zuschnitts. Wie viele Rotweine Bulgariens ganz in der französischen Tradition gekeltert zeigte sich auch die Malbec-Merlot-Cuvée "Boutique" 2015 mit 14% um € 12,80. Dieser dunkle, süßliche, mit schönen Schokoladetönen betörende Wein bildete den würdigen Abschluss dieser Verkostung.

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Mit zwei unterschiedlichen Weinbränden - einer weiteren Spezialität Bulgariens - und einem reichhaltigen Buffet bulgarischer Spezialitäten (Schopska- und Lutenitsa-Salat, Wurst- und Käsevariationen, hausgemachtes Brot, Küfte, Tschewapsche sowie Schweins- und Lammkoteletts) ging der offizielle Teil dieser Veranstaltung zu Ende. Im inoffiziellen Teil wurden in der neben dem Restaurant "Seasons" befindlichen Vinothek der SMD-Trade Co. von Ani und Peter Schmid weitere bulgarische Weine und Brände verkostet. Und so mancher Schnurre von Peter Schmid von seinen Erlebnisssen in Bulgarien gelauscht. "Nastrave!"

Text und Fotos: Christian Stöger