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Erstmals fuhren 22 Mitglieder des St. Urbanus Weinritter Ordenskollegiums auf eine mehrtägige Weinreise in die Südsteiermark - und erlebten dabei am 21.4.2017 hautnah den Frosteinbruch und den Kampf zur Rettung der Jungtriebe. 1.400 ha Rebfläche gibt es in der Südsteiermark, mit rund 2.000 Arbeitsplätzen direkt im Weinbau ein nicht unbedeutender Wirtschaftsfaktor. Trotz der bereits im Vorjahr frostbedingten kleinen Ernte gibt es beim 2016er Jahrgang durchwegs hohe Qualität - mit mancher Besonderheit! Wovon sich unsere Gruppe, perfekt geführt von den Organisatoren Silvia Stöger und Eduard Franz Hamersky, beim Besuch und der Verkostung bei sechs Winzern überzeugen konnte.

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Am Weg durch das Weinbaugebiet Südsteiermark waren in den Rieden am Freitag, den 21.4.2017, überall Spuren abgebrannter Strohballen bzw. ausgebrannte Parafinkerzen zu sehen. Denn in der Nacht hatte ein Kälteeinbruch zwischen -2° und -3° die Winzer in höchste Alarmbereitschaft versetzt. Nach den Frostschäden des Jahres 2016 und Ernteausfällen von rund 80 Prozent kein Wunder, dass man diesmal alles daran setzte, mit dem Räuchern den Bodenfrost zu bekämpfen und so die zarten Jungtriebe vor dem Erfrieren zu schützen. Denn genau um die -3° ist die kritische Temperatur erreicht. Es war also kein Wunder, dass die Frostbekämpfung bei allen besuchten Weinbaubetrieben das Thema Nummer 1 war. Und sie alle, trotz wenig Schlaf in der Nacht davor, uns herzlich Willkommen hießen. Trotz Frost kein Frust!

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Weingut Tschermonegg

So auch bei Erwin und Sonja Tschermonegg in Glanz an der Weinstraße, die das 1896 gegründete Weingut 2003 übernommen haben und heute 30 ha bewirtschaften. Beeindruckend die über mehrere Stockwerke in den Hang gebaute Kelleranlage, wo in mehr als 50 Stahltanks zu 80% Weißweine produziert werden. Davon werden 40% ab Hof verkauft, 50% gehen in die Gastronomie, 8% in den Export. Aufgrund des April-Frostes im Vorjahr und 80% Ernteausfall wurde aus Mangel an Traubenmaterial in Jeruzalem in Slowenien, der ehemaligen Untersteiermark, zugekauft - um den Ernteausfall wirtschaftlich kompensieren zu können. Und so wurde der "Grenzgänger" kreiert. Ein Wein mit 40% WR, 40% SB und 20% CH, fruchtig, spritzig, leichtfüßig, mit 12 Volumsprozent.

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Aufgrund der Frostschäden gibt es keinen 2016er Roten Muskateller, sondern nur eine Cuvée Gelb-Roter Muskateller. Auch das ein neuer, aus der Not geschaffener Wein, mit 11,5% leicht, mit schönen Zitrusnoten. Und weil der Frost auch den Weißburgunder erwischt hat, gibt es 2016 nur eine Burgunder-Cuvée aus WB, Grauburgunder und Morillon, mit 12,5% im klassischen Stil, rund und samtig. Erwähnenswert vor allem noch der Sauvignon Blanc "Lubekogel" 2015 (den es auch 2016 gibt), der mit der großen Goldmedaille der Concours Mondial in Frankreich ausgezeichnet worden ist. Mit 13,5% ein kräftiger, ausgereifter und eleganter Wein. Wobei die Stilistik der Tschermonegg-Weine allgemein eher auf der fruchtigen, vollmundigen Seite ist.

Weingut Gross

1907 war mit dem Kauf des Weingartens am Witscheiner Herrenberg durch Heinrich Gross der Grundstein zur späteren Winzerfamilie gelegt. Im Laufe von fünf Generationen ist eines der Spitzenweingüter der Südsteiermark entstanden. Als Gründungsmitglied der "Steirischen Klassik", den heutigen STK-Winzern, hat Alois Gross den steirischen Wein im In- und Ausland populär gemacht. Heute bewirtschaften sein Sohn Johannes den 50 ha-Betrieb, den er 2006 übernommen hat, während dessen Bruder Michael seit 2014 16 ha im eigenem Weingut in Slowenien aufbaut und bewirtschaftet. Der Betrieb in Ratsch an der Weinstraße produziert in guten Jahren 250.000 Liter Wein, davon werden 60% im Tank und 40% im Holzfass ausgebaut, vor allem die Orts- und Lagenweine. Wobei der Weißweinanteil 98% beträgt.

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Als Einstiegswein passend zeigte sich der "Jakobi", ein würzig eleganter SB, benannt nach dem Patron des Wetters. Aus steirischen und slowenischen Trauben, mit 12% frisch, mit Zitrusaromen. Sein Etikett mit Symbolen des alten Bauernkalenders erzählt von den prägenden Ereignissen des Weinjahres 2016 - und vom Jahrhundertfrost, den es so seit 1912 nicht mehr gegeben hat. Schlanke Weine mit ausgeprägten Fruchtaromen, würzigen Noten und eleganter Stilistik prägen das Weingut Gross. WB 2016 und Ratscher WB 2015 gefielen durch zarte Paprika-Aromen, beim Gelben Muskateller gab es den Gebietswein 2016 mit 11,5%, den Ortswein Gamlitzer GM 2015 mit 12% als reifen, eleganten und vollmundigen Speisenbegleiter, sowie den Lagenwein GM Ried Perz 2015 mit 12%, zartem Nusston und samtig-langem Abgang. Vollmundig und schön zeigten sich auch die beiden Orts-Sauvignons Gamlitzer SB und Ratscher SB 2015, jeweils mit 12%. Aus der Ersten STK Lage Ried Sulz zeigte sich der SB 2015 mit 14% und schönem Nussaroma breit, üppig und lang.

Weingut Skoff original

Nach einem opulenten Frühstück am Gut Pössnitzberg führte der erste Weg am Samstag Morgen, 22.4.2017, ins Weingut Walter Skoff in Eckberg bei Gamlitz. Was 1985 mit 1,6 ha begonnen hat, erstreckt sich heute über 60 ha, sechs weitere sind derzeit in Auspflanzung. 600.000 Liter werden hier jährlich erzeugt, 2016 waren es aber - Frostbedingt - gerade einmal 140.000. Walter Skoff ist bereits die vierte Generation der Familie, die an den südsteirischen Hängen Wein anbaut. Im auf einer Ebene befindlichen Keller beeindrucken 53 Stahltanks und im alten Kreuzgewölbskeller 140 Barriquefässer, in denen WB, CH und SB ausgebaut werden, vor allem die Linie Obegg und Royal.

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Der traditionelle steirische Welschriesling zeigt sich im Jahrgang 2016 mit 11,5% als leichter, spritziger Sommerwein mit schönen Fruchtaromen. SB und CH, in der Südsteiermark unter dem Begriff "Morillon" bekannt, sind die Hauptweine bei Walter Skoff. Bei den Ortsweinen SB Gamlitz 2016 mit 12,5%, zarter Aromatik und schöner Frucht, bei den Lagenweinen der SB Hochsulz 2015 mit 14%, im großen Holz ausgebaut, kräftig, vollmundig und opulent, der Obegg SB 2013 mit 14%, einem 10% Barrique-Anteil, kräftig, nussig, lang. Und der SB Royal 2013 mit 14% und 14 Monaten zur Gänze im Barrique ausgebaut - dementsprechend kräftig, gehaltvoll und mit großem Lagerungspotential.

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Ebenfalls bei den Lagenweinen ist der SB Kranachberg 2015 besonders hervorzuheben, denn dieser Wein mit 13,5%, schöner Mineralität, vollem Paprikaduft, am Gaumen Aromen nach Stachelbeere und Cassis, ist nichts weniger als der Weltmeister der Sauvignons. Denn bei der Dubourdieu Wine Trophy 2017 im Rahmen der Concours Mondial in Frankreich hat der SB Kranachberg 2015 den 1. Platz gemacht - weltweit! Mit einem Ab-Hof-Preis von lediglich € 21,50 ein Wein, den man jetzt einlagern sollte - und der noch viele Jahre Freude machen dürfte.

Weingut Sattlerhof

Gestärkt durch ein kräftiges Mittagessen in der Buschenschank am Weingut Skoff ging es weiter zu Willi und Maria Sattler in Sernau bei Gamlitz. 40 ha werden vom Sattlerhof ausgebaut, wobei auch die Söhne Andreas im Keller und Hannes als Koch im Gastronomiebetrieb arbeiten. 200.000 Flaschen werden hier pro Jahr gefüllt, 2016 waren es nur 40.000. Im Weingarten wird biologisch gearbeitet, ohne Insektizide. "12 Mal gehen wir pro Jahr zu jedem Weinstock", erzählt Maria Satller im Weingarten am Sernauberg,

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Im Jahr 2000 haben sie den Keller vergrößert, der einer atombombensicheren Bunkeranlage über drei Stockwerke gleicht. 65 Stahltanks stehen hier. "Um Platz für die Einzelvergärung zu haben", so Maria Sattler. Und noch eine Besonderheit gibt es am Sattlerhof: seit 2004 werden Orts- und Lagenweine mit Glasverschluss erzeugt.

Die 2016er Weine zeigten auch hier sehr hohe Qualität, wie der Südsteiermark SB mit 12,5%, der Gamlitzer SB 2016 mit 13%, ein Biowein, sehr fruchtig, gut ausgereift, oder der Gamlitzer Muskateller 2016 mit 12,5%, ebenfalls ein Biowein mit Aromen nach Johannisbeerblättern, grünem Pfeffer und Minze. Von den 2015er Lagenweinen begeisterte der Morillon Kapellweingarten im großen Holzfass ausgebaut, mit 11,5% schlank, aufgrund der Höhe der Lage (570m) ein kühler, leichter Wein, von dem es leider keinen 2016er geben wird. Gespannt sein darf man auf den Pfarrweingarten 2016, wo aufgrund der geringen Mengen WB, GB und CH zusammengefasst wurden. Jetzt im Verkauf ist der Pfarrweingarten Morillon 2012, zwei Jahre im Barrique ausgebaut, mit 12,5% eher schlank, aber am Gaumen rund, mollig, opulent. Was auch für den SB Kranachberg 2014 gilt, der zwar im Tank ausgebaut wurde, 12,5% hat, aber extrem lagerfähig ist und frühestens 2019 geöffnet werden sollte.

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Lange Reifung ist das Credo hinter den Lagenweinen des Sattlerhofes, und so hatten wir das Vergnügen, eine besondere Rarität verkosten und erwerben zu können: die WB-Fassreserve Pfarrweingarten 2007. 7 Jahre reifte sie im 300l-Barrique-Fass wurde 204 gefüllt, um dann noch einmal drei Jahre auf der Flasche zu reifen. Um € 72,- in der kleinen Holzschatulle gelangt sie jetzt um € 72,- ab Hof in den Verkauf, hat 13%, ist extrem dicht, lang, mit Marzipan-Aromen, gedörrten Datteln, exotischen Früchten. Pures Trinkvergnügen, das noch 15-20 Jahre anhalten sollte.

Weingut Lackner-Tinnacher

Auf biologischen Weinbau umgestellt hat auch Katharina Tinnacher, die das seit 1770 bestehende Weingut in Steinbach bei Gamlitz 2013 von ihrem Vater übernommen hat. Die an der Universität für Bodenkultur in Wien studierte Diplomingenieurin setzt die hohen Qualitätsansprüche ihres Vaters Fritz fort, bewirtschaftet 27 ha  auf der klimatisch idealen Seehöhe von 400 bis 500 Metern auf besten Steillagen. "120.000 Rebstöcke produzieren 120.000 Flaschen Wein", erklärt Katharina Tinnacher, und davon gehen 40% in den Export. "Um die Qualität und den Charakter unserer Region international bekannt zu machen." Ein wichtiger Markt sind für sie dabei die USA.Und um die Qualität zu unterstreichen, werden auch hier Glasverschlüsse verwendet.

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Der WR "Franz Lackner", nach ihrem Großvater benannt, wurde im großen Holzfass spontan vergoren und soll "ein Wein wie früher sein", so Katharina Tinnacher. Mit 13% und einer guten Frucht-Säure-Balance ein schöner WR. Interessant dann der Vergleich der beiden WB 2015. Die Ried Eckberg hat in 470 m Höhe Mergel und Kalkböden, die Ried Steinbach Schotter und Sand. Ersterer ist im Tank ausgebaut, mit 13% ein runder, harmonischer Wein der an Birnen, Mandeln und Brioche erinnert, zweiterer wurde ein Jahr im großen Holzfass ausgebaut, mit 13,5% überzeugt er durch burgunderhafte Eleganz. Auch beim Morillon zeigt sich der bemerkenswerte Unterschied zwischen der Ried Steinbach 2015 und der Ried Flamberg 2014. Ersterer mit 13,5% fruchtig, zweiterer mit ebenfalls 13,5% aber schlanker, feiner. 10% der Gesamtmenge des Weingutes kommen vom Grauburgunder Ried Steinbach. Mit 13% überzeugt er durch noble Frucht mit Birnen- und Steinobstaromen und feiner Würze.

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60% der Weinproduktion von Katharina Tinnacher umfassen den Sauvignon Blanc, der in den Rieden Welles, Steinbach und Flamberg ausgepflanzt ist. Der Flamberg 2015 mit 13% zeigte zarte Zitrusaromen und schöne Mineralität, die Große STK Lage (entspricht etwa Grand Cru in Frankreich) Ried Welles SB 2014 hat ebenfalls 13%, aber eine unglaubliche Tiefe und Aromatik. Ein Wein zum Lagern und in späteren Jahren ebenso zu genießen.

Weingut Erich & Walter Polz

Seit mehr als 100 Jahren wird das Weingut am Grassnitzberg von der Familie bewirtschaftet, mittlerweile in 4. Generation. Seit 1984 von Erich und Walter Polz geführt, gelten die beiden als Miterfinder der Lagenweine 1992 und der STK-Winzer der Südsteiermark. Seit 2011 zeichnet Erichs Sohn Christoph für die Weinproduktion verantwortlich. Im November 2002 hat die Familie Polz das Weingut Tscheppe an der südsteirischen Weinstraße mit dem Ziel erworben, die mehr als 50jährige Tradition des Weinguts fortzusetzen. Im Laufe der Jahre wurde der Standort zum „Gut Pössnitzberg“ ausgebaut und vereint heute das Weingut mit dem Wirtshaus Kreuzwirt und dem Wein-Genusshotel Pössnitzberg. Hier fand am Samstagabend, den 22.4.2017, auch neben einer kurzen Verkostung der Polz-Weine (GM Klassik frisch und blumig, GM Grassnitzberg rund und elegant, CH 14 Grassnitzberg vollmundig und der neue SB 2016 fruchtig, frisch, schön) eine ganz besondere Raritätenverkostung statt. Im Zuge derer bekam Erich Polz von Eduard Franz Hamersky, dem Großmeister des St. Urbanus Weinritter Ordenskollegiums, ein "Geheimnis" als Gastgeschenk überreicht.

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Speziell für uns hat Erich Polz eine spezielle Jahrgangsverkostung der SB vom Hochgrassnitzberg zusammengestellt. Beginnend mit der Reserve 2013, danach 2011, 2008, die Reserve 2007 (unglaublich!), die Reserve 2005, Reserve 2003. Alle Weine vollmundig, rund, üppig, lang. Auch im Alter voll jugendlicher Frische mit guter Frucht-Säure-Balance. Als besonderen Höhepunkt gab es dann noch einen SB 1997 vom Weingut Tscheppe am Pössnitzberg - und ein unglaublich dichter und dennoch trinkfreudiger SB 1967 (!) vom Pössnitzberg.  Ein Wein, 50 Jahre alt, aber keine Spur von Alterston oder -farbe. Ein ganz besonderer Genuss!

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Mehr als gut umsorgt wurden die Weinritter auf dieser Südsteiermark-Tour am Gut Pössnitzberg von Dir. Rainer Ogrinigg. Kulinarisch verwöhnt wurden wir von der ausgezeichneten Küche. Am ersten Abend mit lauwarm gebeizter Lachsforelle auf Buchweizen, dazu ein Polz SB 2016, gefolgt von Bärlauchschaumsuppe mit geräucherter Entenbrust, dazu ideal ein Polz Traminer 2007 aus der Magnumflasche, zur Hauptspeise Kalbsrücken mit Kartoffel-Morchelpürree und Spargel, dazu ein Polz Grauburgunder 2005 aus der Doppelmagnum und zum Abschluss Schokoladenauflauf mit zweierlei Erdbeere und der Urbani Reserve 2007 (ZW, BF, CS). Am 2. Tag Bouillion mit Lebernockerl, steirisches Backhuhn mit Erdäpfel-Vogerlsalat, dazu ein SB Therese 2015 aus der Magnum, und zur Nachspeise geeister Kürbiskernölschmarrn mit Zwetschgenröster und der SB Hochgrassnitzberg Reserve 2013.  

Eine Weinreise der Sonderklasse! Wer diesmal nicht mit dabei war, hat wirklich etwas versäumt!

Text & Fotos: Christian Stöger


 

 

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