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Tschechischer Wein kommt hauptsächlich aus Mähren, denn hier, gleich nördlich der Grenze zum östlichen Weinviertel, sind 96% aller registrierten Rebflächen Tschechiens. Hierher führte die vom Konventikel Wiener Weinberge organisierte Reise des St. Urbanus Weinritter Ordenskollegiums am Samstag, den 8.10.2016. Wir besuchten die Gegend des UNESCO-Weltkulturerbes Valtice/Feldsberg, wo nach der Schlossbesichtigung bei einem Treffen mit der örtlichen Urbanus-Weinritterschaft viel über den tschechischen Wein in Erfahrung gebracht wurde.

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21 Mitglieder des St. Urbanus Weinritter Ordenskollegiums besuchten jene Region, die bis 1919 eigentlich Niederösterreich war und im Vertrag von Saint-Germain nach dem 1. Weltkrieg der Tschechoslowakei zugesprochen worden war - obwohl z.B. in Feldberg, dem heutigen Valtice, damals 97 Prozent der Bevölkerung deutschsprachige Niederösterreicher waren. Bis 1945 gehörten die Schlösser Lednice und Valtice der Fürstenfamilie Liechtenstein, wurden dann aber konfisziert und sind bis heute im Eigentum des tschechischen Staates. 17 Zimmer des 1394 von Johann I. von Liechtenstein erworbenen und ausgebauten Schlosses konnten wir besichtigen - und waren ob der reichen Austattung der Räumlichkeiuten, vieles noch Originale, überrascht. Die Liechtensteiner, seit 1608 auch Fürsten des Heiligen Römischen Reiches, verwalteten von hier aus bis 1918 ihre Besitzungen, darunter auch das heutige Fürstentum Liechtenstein.

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Im Anschluss an ein hervorragendes Mittagessen im Restaurant Valticka Rychta gleich ums Eck vom Hauptplatz besuchten wir den Sitz der 2004 gegründeten "Mährischen Weinritter von Sankt Urbanus" der Winzerfamilie Tumlisch. Untergebracht im 1647 erbauten ehemaligen Jagdschlösschen der Fürsten Liechtenstein kommen hier Leute zusammen, die Wein mögen und darüber reden. Zu verkosten gab es einen Riesling Sylvaner (Sylvanske zelené) 2015 mit 13%, einen für die Region typischen Palawa 2015 (Cuvée aus Gewürztraminer und Muskateller) mit 14% sowie eine 7-Sorten Cuvée Rosé Rytiru vina 2015 mit 13%, den sogenannten "Weinritter-Wein". Hier wie auch beim anschließenden Besuch in der Unterwelt von Valtice, einem seit 2007 bestehenden Kellerverbund von 17 Kellern der unterschiedlichsten Winzer, der von der Weinerzeugerfirma Annovino ausgebaut worden war, überraschte die hohe Restsüße und geringe Säure der verkosteten Weine.

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60.000 Besucher kommen jährlich in diese Keller der - in der gesamten Tschechischen Republik bekannten - Weinstadt Valtice mit ihren lediglich 3.500 Einwohnern. Zum Trinken, Essen, Plaudern, Feiern. Wobei lediglich ein Drittel der in Tschechien konsumierten Weine tatsächlich auch aus Tschechien stammt (ca. 70 Millionen Liter/Jahr), der Rest (140 Millionen Liter/Jahr) wird aus dem östlichen Ausland zugekauft (Slowakei, Molawien). Valtice liegt übrigens im Weinanbaugebiet Mikulovska (einem von vieren in Mähren) mit seinen schweren Löss- und Kalklehmböden. 4.692 ha verteilen sich auf 30 Weinbaugemeinden mit 182 Einzellagen, die von fast 2.500 Winzern bewirtschaftet werden.

Zu Verkosten gab es einen Veltlinske zelené (Grüner Veltiner) 2014 mit 12 Volumsprozent aber 8g RZ, der sich sehr fruchtig und lieblich zeigte. Eine Chardoanny Spätlese 2015 aus 30 Jahre alten Reben mit 12,5% bei 4g RZ präsentierte sich in der Nase birnig, am Gaumen üppig und süß, ohne Säurestruktur etwas lasch. Der Rulandske sedé (Grauburgunder) 2015 mit 13,5% und 5g RZ zeigte ähnliche Merkmale. Der Rulandske sedé oranzové 2015 wurde zwei Monate auf der Maische vergoren und hat daher eine Rosé-Farbe. Mit 13%, aber 15g RZ wirkte dieser Wein marmeladig-süß. Aber auch der Modry Portugal (Blauer Portugieser) 2015 mit 12% und 9g RZ war beerig, fruchtig und ziemlich süß.

Ganz anders dann die Weine kurz hinter der Grenze, wieder im niederösterreichischen Weinviertel, auf Schloss Wilfersdorf. Irene und Martin Schweinberger aus Bullendorf stellten im Schlossheurigen ihre Weine vor, die viel mehr unserem - österreichischem - Geschmacksempfinden zusagten. Der Grüne Veltliner 2015 mit 13% überzeugte durch angenehmes Frucht-Säure Spiel mit dem typischen Pfefferl am Gaumen (was die tschechische Variante völlig vermissen lässt). Der im Fass durchgegorene Weißburgunder 2015 mit 12,5% zeigte sich nussig, mit rescher Säure, sehr trinkfreudig, der Riesling 2015 mit 13% und nur 3g RZ begeisterte durch exotische Aromen und schönen Steinobst-Noten. Interessant danach die Haus-Cuvée Jumadori aus 40% WB, 20% GM und 40% R mit 12% und deutlicher Muskatellernote.

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Ein typischer Zweigelt 2014 mit 13% und dem klassischen Kirscharoma beendete diese Präsentation. Mit Einblicken in die Liechtenstein-Ausstellung von Schloss Wilfersdorf, dem Stammschloss der Fürstenfamilie, und einer grandiosen Aufschnitt- und Käseplatte ging diese Weinreise mit der Busfahrt zurück nach Wien zu Ende. Fazit: was die Weine im Weinviertel betrifft, hat folgender Goethe-Spruch absolute Gültigkeit: "Warum in die Ferne schweifen? Sieh, das Gute liegt so nah!"

Text: Christian Stöger
Fotos: Ingrid Hamersky

 

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